Das Frankfurter Westend ist heute bekannt als der Stadtteil mit überdurchschnittlich hohen Immobilienpreisen. Ein Ort für die gut situierten Bürger Frankfurts. Geteilt wird das Westend in Nord- und Süd-Bereich durch den Grüneburgweg. Auch Studenten kommen vermehrt ins Viertel – durch den neuen Campus Westend erblüht das Viertel zu neuem Leben.

Städtebau wie in Paris

Als eines der neueren Stadtviertel hat das Westend dennoch geschichtlich viel zu bieten. Vorbild beim Städtebau war die Stadt der Liebe: Paris. Daher finden sich im Westend viele Boulevards und Plätze mit radial auslaufenden Straßen.

Der erste Zoo Frankfurts wurde 1858 im Westend erbaut und ist somit nach dem zoologischen Tiergarten in Berlin Deutschlands zweitältester Zoo. Zunächst wurde der Zoo an der Bockenheimer Landstraße erbaut, schließlich zog er, aufgrund von Platzmangel in der Innenstadtlage ins Ostend.

Im 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche Villen und großzügige Wohnhäuser, die bis heute erhalten sind.

Pflanzen aus aller Welt im Palmengarten

Nur wegen eines finanziellen Engpasses kam es dazu, dass der Palmengarten entstanden ist. Durch die gewaltsame Inbesitznahme des damaligen Herzogtums Nassau von Preußen, musste der dürftige Adolph von Nassau seine Sammlung exotischer Pflanzen verkaufen. Der Gartengestalter Siesmayer wurde mit dem Verkauf beauftragt, dieser hatte jedoch seine eigenen Vorstellungen von den Pflanzen. Seine Vision war ein kunstvoll angerichteter Landschaftsgarten mit einem (für die damalige Zeit) revolutionären Glashaus. Leider hatte auch er nicht das nötige Geld für seine Vision. Doch um seinen Traum zu verwirklichen, erstellte Siesmayer einfach „Palmengarten-Actien“, die von allerhand Vermögenden in Frankfurt gekauft wurden. So konnte seine Idee Wirklichkeit werden und wurde zu einem Ort für die gehobene Bürgerschicht.

Heute ist der Palmengarten ein Platz für jedermann. Die enorme Vielfalt der Pflanzen sowie viele verschiedene Veranstaltungen wie z.B. das jährlich stattfindene Rosen- und Lichterfest sind Besuchermagneten für den ohnehin gut besuchten Palmengarten.

I.G. Farben Haus – ein Haus mit Geschichte

Ein schwieriges Thema für Frankfurt und auch für die Goethe-Universität ist die Neunutzung des I.G. Farben Haus, da es seit der Zeit des Nationalsozialismus mit einem negativen Stigma behaftet ist. Das Gebäude wurde 1930 als Verwaltungsgebäude von Hans Poelzig für die I.G. Farbenindustrie AG errichtet. Als das Gebäude 1931 fertiggestellt wurde, war es das größte Bürogebäude Europas.

Zu Beginn der NS-Zeit, als Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, verfolgte die I.G. Farben das Handeln der NSDAP wachsam und mit einer gewissen Missbilligung. Viele der Wisschenschaftler und Aufsichtsratmitglieder der I.G. Farben waren Juden. Jedoch kam es durch Hitlers Streben nach einer deutschen Ressourcenunabhängigkeit zu einer Annäherung mit der NSDAP. Die I.G. Farben stellte unter anderem synthetisches Öl, Gummi, Giftgas, Sprengstoff und unzählige andere Produkte für die Aufrüstung des nationalsozialistischen Deutschlands her. Die Mitarbeiter wurden in einem Brief dazu aufgefordert mit der NSDAP zu sympathisieren.

Später baute die I.G. Farben ein Werk in Ausschwitz. Hier wurden die Häftlinge als Arbeiter ausgenutzt. Angeblich hätte die I.G. Farben sie lediglich als Arbeitskräfte genutzt, da es nicht genug Deutsche gab, die die Arbeit verrichten wollten.

Das Gebäude wird heute von der Goethe-Universität verwendet. Es kam zu einigen verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Studierenden und der Verwaltung der Goethe-Universität. Die Studierenden fordern eine lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse. Diese erste Aufarbeitung wurde zwar in den Nürnberger Prozessen von 1947 bis 1948 von den Alliierten vorgenommen, doch vielen ging das nicht weit genug. Es mussten sich 23 leitende Angestellte der I.G. Farbenindustrie AG vor einem US-amerikanischen Militärgericht verantworten. Dennoch sind bis heute noch Fragen offen und die Aufarbeitung dauert an.

Campus Westend

Das ehemalige I.G. Farben Gebäude steht heute auf einem der schönsten Campus Europas. Nach dem Umbau des I.G. Farben Gebäudes kam es zu allerlei Neubauten auf dem Gelände. Der Campus strotzt heute von imposanten Gebäuden mit riesigen Türen. Für Erstsemster sind diese Gebäude stark beeindruckend und vermitteln das Gefühl auf einer prestigeträchtigen Universität zu studieren.

Die Paternoster-Fahrstühle sind eines der Highlights auf dem Campus. Sie funktionieren bis heute noch und werden, soweit sie in Betrieb sind, von den Studierenden gerne genutzt. Auch das neue PEG-Gebäude (Psychologie-, Erziehungs- und Geisteswissenschaften) hat innerhalb seiner Bibliothek ein historisches Highlight gesetzt: Bei den damaligen Bauarbeiten der Bibliothek wurde ein altes Gebäude freigelegt und anschließend unter Denkmalschutz gestellt. Die Reste wurden anschließend konserviert. Später fand man heraus, dass es sich um den Eiskeller (Eiskeller waren früher Lagerstätten für Natureis) der „Anstalt für Irre und Epileptische“ handelte. Wäre die Nutzung als Eiskeller nicht vollständig durch Quellen gesichert, würde man heute nicht mehr auf die Idee kommen, dass es sich um einen solchen gehandelt hatte. Typische Merkmale für einen Eiskeller wie Kuppel und Zangenmauer wurden bereits entfernt. So haben die Überreste wenig mit typischen Eiskellern zu tun. Die Gemäuer stehen während der gewöhnlichen Öffnungszeiten der Bibliothek für eine Besichtigung zur Verfügung.

Wenn es um das leibliche Wohl geht, ist die Mensa am Campus Westend in einer Vorreiterrolle. Hier gibt es nicht nur eine eigene Mensa für Veganer und Vegetarier, nein, auch weitere Highlights warten auf den hungrigen Studenten. Etwas Besonderes ist zum Beispiel die Burger-Station, wo es tatsächlich nur Burger und die dazugehörigen Beilagen wie Pommes-Frites gibt. Auch eine Nudelstation à la Vapiano wartet auf die Studierenden. Sogar ein richtiger Pizzaofen ist hier in Betrieb – soweit man genug Zeit mitbringt, bis die Pizza fertig ist. Vielfältigkeit ist hier Programm!

Angespannter Wohnungsmarkt

Den höchsten Mietzins in der Stadt zahlen die Menschen im Westend. Zwar ist der Wohnungsmarkt in ganz Frankfurt angespannt, jedoch handelt es sich im Westend um eines der teuersten Wohnquartiere Deutschlands.

In den vergangenen zehn Jahren kam es zu einer Preissteigerung von 100 Prozent.

Auch durch den Ausbau des Campus entstand hier Wohnungsnot. Zwar hat das Studentenwerk einige Neubauten im Westend erstellt, dennoch reicht das nicht, um allen Studierenden preiswertes Wohnen zu ermöglichen.

Das imposante Stadtbild

Der schöne Blick auf die Skyline kommt nicht nur durch die Hochhäuser der Innenstadt. Auch das Westend ist Teil des imposanten Stadtbildes, das wir heute sehen können. Viele der Hochhäuser stehen an der Bockenheimer Anlage, der Taunusanlage und der Mainzer Landstraße.

Nicht zu übersehen ist der Messeturm mit seiner bemerkenswerten Höhe von 257 Metern. Auch andere hohe Gebäude prägen das Stadtbild – etwa das Trianon mit seinen 186 Metern Höhe oder auch der Opernturm mit einer Höhe von 170 Metern.

Viele Villen aus der Gründerzeit, wie auch unförmigen Bauten aus den 70er Jahren, prägen das Westend. Heute wirkt das Westend durch die vielfältige Bebauung abgerundet.

(Text und Bilder: TL)

 

 

 

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