INNENSTADT | Von Białystok über Frankfurt nach Amsterdam, von Berlin über Budapest nach Bari: „Unser Mut“ ist die erste Ausstellung, die die jüdische Nachkriegserfahrung von Flucht, Vertreibung, Selbstvergewisserung und Wiederaufbau in einer gesamteuropäischen, transnationalen Perspektive darstellt.

1933 lebten etwa 10 Millionen Jüdinnen und Juden in Europa und der Sowjetunion. Etwa 3,5 Millionen überlebten die Jahre der nationalsozialistischen Entrechtung, Verfolgung und Ermordung. Was ihnen unmittelbar nach Kriegsende widerfuhr und wie sie ihr Leben nach dem Überleben gestalteten, wurde jahrzehntelang weder erforscht noch öffentlich thematisiert. Die Ausstellung „Unser Mut“ möchte das ändern. Sie basiert auf einem mehrjährigen Forschungsprojekt zur Lebenssituation von Jüdinnen und Juden an ausgewählten Orten in Mitteleuropa. Aufbauend auf diesen Forschungsergebnissen unterstreicht die Ausstellung, dass jüdische Überlebende nicht etwa eine homogene Gruppe von passiven Opfern bildeten, sondern ihr Leben in der unmittelbaren Nachkriegszeit in großem Maße selbst organisierten und aktiv gestalteten.

Mit den Jahren 1945–48 sind Erfahrungen verbunden, die die jüdische Gegenwart bis heute prägen: Jüdische Soldaten in den alliierten Armeen befreien als Sieger die Überlebenden aus Verstecken und Konzentrations- und Vernichtungslagern. Emigranten, Überlebende und Soldaten versuchen, den Massenmord zu dokumentieren und zu ahnden. Unter der Obhut der US-amerikanischen Militärverwaltung entstehen Lager für jüdische Geflüchtete, die wenig später wieder verschwinden. Jüdische Gemeinden werden wieder aufgebaut, Traditionen aus der Vorkriegszeit aufgegriffen. Es sind Jahre der Flucht, der Selbstvergewisserung wie auch der Suche nach einem Zuhause und nach Gerechtigkeit. Besonders vielfältig und zugleich intensiv ist die Kunst- und Kulturproduktion in jener Zeit.

Die Ausstellung mündet in einem Raum, der das Jahr 1948 als Wendepunkt in der Nachkriegszeit thematisiert. Die Generalversammlung der UNO beschließt sowohl die Teilung des britischen Mandatsgebiets Palästina in ein von Jüdinnen und Juden und ein von Araberinnen und Arabern verwaltetes Gebiet wie auch die Grundsätze eines neuen, internationalen Rechtsverständnisses: das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Beide Grundsätze werden von jüdischen Emigranten aus Europa vorbereitet und ziehen eine Lehre aus dem Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden. Im selben Jahr ruft David Ben Gurion den unabhängigen Staats Israel aus. Mit dem beginnenden Kalten Krieg, der Auflösung der Flüchtlingslager und der Gründung Israels verlassen die meisten Jüdinnen und Juden Europa.

Die Ausstellung wird im Anschluss nach Berlin gezeigt und im Frühjahr 2022 in der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung eröffnet.

(Text: PM)

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