GRAVENBRUCH (MK) Die Gesetze zum Schutz der Gesundheit der deutschen Bevölkerung sind in vielen Fällen gut durchdacht und mit gesundem Menschenverstand geplant, so dass wir sie alle nachvollziehen können und sich ein jeder Einzelner mit voller Überzeugung daran halten will und gerne seinen Beitrag leistet, um dieser unleidigen Pandemie endlich Herr zu werden. In Einzelfällen kann es allerdings auch mal absurd werden. So im Fall der Autokinos in Deutschland, hier aufgezeichnet am Beispiel des Autokinos in Gravenbruch. Im Gegensatz zu allen anderen Kinos oder gar Eventlocations dürfen die Autokinos nahezu uneingeschränkt öffnen. Die Betonung liegt allerdings auf „nahezu“.  Die Ausgangssperre ab 22 Uhr führt nämlich dazu, dass die Filme spätestens um 21.30 Uhr zu Ende sein müssen. Sonst machen sich die Besucher strafbar und sie erwartet auf dem Nachhauseweg im Fall einer Kontrolle ein hohes Bußgeld. Kein Problem sollte man sich denken. Dann fängt die Vorstellung halt einfach früher an. Das müsste dann allerdings spätestens um 19.00 Uhr losgehen. Um 19.00 Uhr ist es allerdings noch taghell. Taghell bedeutet für die Leinwand eher das Gegenteil. Da bleibt es „dunkel“. So lange die Sonne scheint, ist auf der Leinwand nichts zu sehen. Das Autokino kann also uneingeschränkt öffnen. Die Besucher strömen herbei und auch ein Film kann aufgeführt werden. Nur sehen kann man ihn nicht. Man könnte es fast als ein Parodoxon bezeichnen. Was also tun? Das fragen sich nicht nur die Besucher, sondern auch unsere Zeitung DER FRANKFURTER und die wiederum fragte Heiko Desch, den Theaterleiter vom Autokino Gravenbruch. Und der präsentiert die Lösung.

Lieber Herr Desch, Glückwunsch dafür, dass Sie im Gegensatz zu so vielen anderen Kinos und Eventlocations öffnen dürfen.

(Lacht) Das schon, aber richtig glücklich bin ich natürlich nicht.

Tja, da haben Sie ja anscheinend nachträglich ein schönes Osterei ins Nest gelegt bekommen.

Das könnte man so sagen.

Aber, ich habe die Hasen schon pfeifen hören, dass Sie eine Lösung parat haben. Dürfen Sie mir diese verraten?

Aber selbstverständlich. Wir mieten jetzt für einige Wochen eine mobile LED-Wand an. Damit haben wir auch bei Tageslicht ein gestochen scharfes Bild und gehen auf Sendung.

LED-Wand? Klingt nicht gerade billig?

Das ist wohl wahr. Wir reden hier von einer Investition im mittleren fünfstelligen Bereich.

Das ist ja wohl kaum wieder reinzuholen. Rechnet sich das?

Wir wissen natürlich jetzt nicht wie viele Besucher kommen werden, aber es ist auf jeden Fall besser als gar nicht aufzumachen oder Filme auf einer Leinwand zu zeigen auf der man nichts sieht. (lacht)

Da haben Sie wohl recht, aber ich habe gehört, dass Sie im Autokino nicht nur Filme zeigen. Ist das richtig?

Absolut; von Abitur-Partys über große Firmenevents bis hin zu Konzerten bieten wir durch unser großes Gelände alle Möglichkeiten für Veranstaltungen an. Letztes Jahr hat bei uns sogar das Open Doors Festival Neu-Isenburg stattgefunden. Das war eine richtige coole Nummer mit zehn Bands an drei Tagen. Damals bin ich auf den Geschmack einer LED-Wand gekommen. Die Organisatoren des Festivals haben sich nämlich unheimlich ins Zeug gelegt und zusätzlich zu unserer Leinwand, eine Bühne, einen LED-Truck und ein paar Container Technik für Regie, Kameraleute und Künstler auf unserem Gelände aufgebaut. Tagsüber gingen dann die Bilder über die LED-Wand und abends haben wir die Leinwand dazu geschaltet. Da gab es nämlich keine Ausgangssperre und wir hatten Bilder, die so unglaublich waren wie beim Konzert von Coldplay im Waldstadion.

Und was war Ihre Lieblingsband?

Das waren die Gypsys hier aus der Region. Eine Sängerin mit einer unglaublichen Stimme, bei der ich heute noch eine Gänsehaut bekomme und eine Band mit einem tollen Repertoire. Sogar eine Geigerin war mit auf der Bühne. Das hat sowohl in den Autoradios als auch auf dem Gelände so perfekt geklungen, als würde eine CD der Originale laufen. Wirklich sehr eindrucksvoll.

Und Ihr tollstes Erlebnis im Autokino?

Das war letztes Jahr die Band Brings im ausverkauften Autokino Porz/Köln die Menschen und Autos gleichermaßen zum Ausflippen gebracht haben. Zwischendurch gab es als Beifall so unfassbar laute Hupkonzerte, dass ich Brings gar nicht mehr gehört habe. Die Stimmung war sensationell!

Wann geht es denn mit der LED-Wand in Gravenbruch los?

Wir planen unsere erste Vorstellung am Samstag um 14 Uhr, dann eine um 16.30 Uhr und dann noch eine dritte Vorstellung um circa 19 Uhr, so dass jeder pünktlich und gemütlich nach Hause kommen kann.

So eine große umfangreiche Technik muss doch wahrscheinlich auch bewacht werden. Haben Sie eine Security beauftragt?

Aber selbstverständlich; mein Wachhund Balou ist nicht nur groß und stark wie ein Bär, sondern lässt ohne meine Genehmigung keinen aufs Gelände! Der ist mit einer Portion Fleisch oder Leckerlies glücklich und den kann ich mir als Bodyguard wunderbar leisten. (lacht wieder)

Na, dann bin ich ja froh, dass ich zufällig auch ein paar Leckerlies in der Tasche hatte und mir Ihr Gelände ungebissen anschauen durfte. Vielen Dank für das sehr interessante Interview und viel Erfolg für die ersten Aufführungen mit der LED-Wand.

Herzlichen Dank für den Besuch (Balou bellt zustimmend).

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