FRANKFURT | Anders Indset, geboren 1978 in Trondheim, Norwegen, ist ein renommierter Wirtschaftsphilosoph, Autor und ehemaliger Handballspieler. Nach dem Abbruch seines Studiums in Oslo zog er nach Deutschland, um sich der deutschen Sprache und Philosophie zu widmen. . Er wuchs im norwegischen Røros auf und zog im Alter von 17 Jahren für eineinhalb Jahre in die Vereinigten Staaten, wo er seinen High-School-Abschluss machte.

Nachdem er ein Studium an der BI Norwegian Business School in Oslo abbrach, kam er nach Deutschland, zunächst um die deutsche Sprache zu lernen und deutsche Philosophie in ihrer Muttersprache im Selbststudium zu lesen. In Deutschland war er als Leistungssportler aktiv und spielte in der Handball-Bundesliga. Indset, der auch als Unternehmer tätig ist, lebt in Frankfurt am Main und ist Vater von zwei Töchtern. Seine Werke wie „Quantenwirtschaft“ haben internationale Anerkennung gefunden, und er wurde 2018 von Thinkers50 als einer der führenden globalen Wirtschaftsdenker gewürdigt.
Anders Indset ist mittlerweile ein weltweit gefragter Sparringspartner für internationale CEOs und politische Führungskräfte. Er wird von den Medien als „Rock’n’Roll Plato“ bezeichnet und ist bekannt für seinen Ansatz zur praktischen Philosophie.
Indset ist Autor von mehreren internationalen Bestsellern, darunter „Wildes Wissen“, „Quantenwirtschaft“ und „Das infizierte Denken“. Sein neues Buch „Wikinger-Kodex: Warum NORWEGER so erfolgreich sind” erscheint im Februar 2024.

Unser Verlagsleiter und Journalist Normann Schneider hat mit Anders Indset über Rekorde und Unternehmen gesprochen.

Wie hat Ihre Zeit in den Vereinigten Staaten und das Erlernen der deutschen Sprache Ihre persönliche und berufliche Entwicklung beeinflusst?

Das Verständnis für Sprachen und Kulturen hat mir nicht nur neue Perspektiven eröffnet, sondern auch meine Fähigkeit verbessert, komplexe wirtschaftliche und philosophische Konzepte zu erfassen und zu kommunizieren. Insbesondere in der Sprache liegt die Essenz oft in den Nuancen, was mir hilft, unterschiedliche Sichtweisen einzunehmen und meine Denkprozesse zu verfeinern.

…und wie beeinflussen Ihre Erfahrungen als früherer „Hard-Core-Kapitalist“ und Leistungssportler Ihre aktuellen Ansichten über Wirtschaft und Philosophie?

Meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass wirtschaftliche Stabilität essenziell für gesellschaftlichen Fortschritt ist. Die Wirtschaft als das Betriebssystem unserer Gesellschaft bildet eine essenzielle Grundlage. Nur mit einer stabilen Wirtschaft können wir uns effektiv gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Eine funktionierende, ökosoziale Marktwirtschaft setzt voraus, dass die „kapitalistische Maschine“ effizient läuft und eine harmonische Verbindung zwischen Ökologie und Ökonomie besteht. Im Kern dieses Prozesses steht die Handlung, ein Konzept, das schon Goethe erkannte und betonte. Heutige „Handlungshelden“ müssen verstehen, dass aktives Handeln grundlegend für den Fortschritt ist. Meine Erfahrungen im Leistungssport und in der Wirtschaft lehrten mich, dass Fortschritt immer mit der Entwicklung besserer Probleme einhergeht. In meinem neuen Buch diskutiere ich, wie eine in tiefen Werten verwurzelte neue Leistungskultur entwickelt werden kann. Wir erkennen heute, dass ein rein turbokapitalistischer Ansatz und endliche Lösungsmodelle nicht nachhaltig für das organisierte menschliche Leben sind. Es geht in der Wirtschaft nicht um ein einfaches Gewinnen oder Verlieren, wie in einem zeitlich begrenzten Sportspiel, sondern darum, das Spiel langfristig und nachhaltig zu gestalten – eben möglichst lange mitzuspielen. Kapitalismus als funktionierendes Modell bedarf des Mitgefühls und einer menschlichen Dimension. Mit dem Quantum Economy Institute streben wir daher ein Upgrade des kapitalistischen Modells an, das sowohl von meinem sportlichen Hintergrund als auch meinem Verständnis von Kapitalismus inspiriert ist.

Wie sehen Sie als führender Wirtschaftsphilosoph die Rolle der Philosophie bei der Gestaltung der Zukunft der globalen Wirtschaft?

Philosophie ist in dieser Zeit der rasanten technologischen Veränderungen wichtiger denn je. Sie bietet uns neue Betrachtungsweisen und ein tieferes Verständnis für das, was vor uns liegt. Mit der Zunahme künstlicher Intelligenz benötigen wir eine Gesellschaft, die auf Verstehen und Weisheit basiert, statt nur auf Wissen und Optimierung. Wenn die Grenzkosten für Wissen in Richtung null gehen, erkennen wir, dass das viel mehr eine Gesellschaft des Verstandes unser Zielbild ist. Das ist auch die Grundlage für das Lernen an sich.

Welche Herausforderungen sehen Sie aus Ihrer Sicht für Arbeitgeber in der sich schnell verändernden heutigen Wirtschaft?

Die größte Herausforderung für Arbeitgeber liegt in der Schaffung einer adaptiven, lernfördernden Umgebung, die Sinn und persönliche Entwicklung fördert. Unternehmen müssen sich darauf konzentrieren, wie sie ihren Mitarbeitern helfen können, sich stetig weiterzuentwickeln und an einem gemeinsamen, sinnergebenden Ziel zu arbeiten.
Unternehmen brauchen heute eine hohe Adaptionsfähigkeit und die Fähigkeit, Menschen zu aktivieren. Die suggerierten Spaßfaktoren, komplett flexible Arbeitszeiten und Freiheit mit Bonus gehören zur Übergangsphase; jetzt geht es darum, wie ich attraktiv sein kann für eine aktive Sinngebung gepaart mit Leistung.

Wie kann das Konzept „Die Kunst, Unrecht zu haben“ Führungskräfte und Mitarbeiter in Entscheidungsprozessen stärken?

Dieses Konzept fördert Fortschritt und Selbstbewusstsein, indem es uns lehrt, Fehler als Teil des Lernprozesses zu sehen. Es hilft, bessere Probleme zu finden und eine Kultur der Offenheit und des kontinuierlichen Lernens zu etablieren.

Welchen Rat würden Sie jungen Unternehmern geben, die versuchen, die Komplexität der modernen Wirtschaft zu navigieren?

Junge Unternehmer sollten früh aufstehen, vielfältige Projekte ausprobieren und ein starkes Selbstvertrauen aufbauen. Wichtig ist, sich auf tägliche Leistungen zu konzentrieren, um langfristige Ziele zu erreichen. Es geht darum, das Leben als Zinseszins zu betrachten und konstant zu wachsen. Große Visionen sind wichtig, aber noch viel mehr sind es die Micro-Ambitionen des täglichen Fortschritts.

Wie unterscheidet sich Ihr Ansatz zur Wirtschaftsphilosophie von traditionellen Wirtschaftstheorien?

Mein Ansatz sieht die Wirtschaft als dynamisches, unendliches System und nicht als statisches Modell. Ich betrachte die Wirtschaft aus der Perspektive der Quantenwirtschaft, die eine ständige Evolution und Verbesserung anstrebt, ähnlich wie Derridas Sicht auf Demokratie. Während Derrida von der „kommenden Demokratie“ schreibt, spreche ich von einem „werdenden Kapitalismus“. Für mich ist Philosophie eine denkerische Praxis, so ist es nicht von einem statischen Rahmenwerk, sondern vielmehr von der Dynamik geprägt. Die Homöostase als statisches System ist ein totes System, mit „The Quantum Economy“ – die Quantenwirtschaft – streben wir eine Unendlichkeit an, oder was wir im unternehmerischen Sinne als „enkelfähig“ bezeichnen. Meine Sichtweise ist somit der Unendlichkeit gewidmet, ein Homöo-Dynamism – eines dynamischen unendlichen möglichen Fortschritts.

Ihrer Meinung nach, welches sind die wichtigsten Fähigkeiten, die die heutige Belegschaft benötigt, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein?

Erfolg muss neu definiert werden. Es geht um menschliches Wachstum und die Schaffung lernfähiger, unendlicher Organisationen. Die Fähigkeit, sich schnell anzupassen und sowohl individuell als auch kollektiv zu wachsen, ist entscheidend.

Wie stellen Sie sich die Zukunft der Arbeit angesichts zunehmender Automatisierung und künstlicher Intelligenz vor?

Die Zukunft ist ungewiss, aber wir dürfen sie aktiv gestalten. Die Möglichkeit einer allgemeinen künstlichen Intelligenz, die menschliche Fähigkeiten übertrifft, erfordert ein neues Verständnis von Arbeit und menschlicher Beteiligung. Womöglich haben wir bereits in drei bis vier Jahren so etwas wie allgemeine künstliche Intelligenz, dass die Technologie – zumindest in der Theorie – alles besser macht als wir Menschen. Umso wichtiger wird es, dass wir gemeinsam definieren, welche Zukunft für uns erstrebenswert ist.

Welche Strategien würden Sie Unternehmen empfehlen, um in Zeiten wirtschaftlicher Belastungen zu überleben?

Unternehmen dürfen sich heute auf Lernen, Leistung und Werte konzentrieren. Eine Kombination aus technologischer Stabilität und flexibler Führung ist entscheidend für das Überleben in unsicheren Zeiten. Einen großen Werkzeugkasten zu haben, eine hohe Adaptionsfähigkeit zu trainieren, und Interesse für Technologie bzw. technologischen Fortschritt halte ich für sehr wichtig.

Abschließend, wie sehen Sie das Verhältnis zwischen individuellem Wohlergehen und wirtschaftlichem Wohlstand in der Zukunft?

Die Wahrnehmung von Wohlstand muss sich ändern. Wohlstand sollte Bildung ermöglichen, die wiederum zu einem tieferen Verständnis von Wohlstand und seinen Auswirkungen führen kann. In den westlichen Regionen stehen wir vor einem Wendepunkt, wo die Ära des “leichten Geldes“ – eine Zeit der schnellen finanziellen Gewinne ohne nachhaltige Grundlagen – ihrem Ende zuzugehen scheint. Dies zwingt uns, neue Wege zu beschreiten und uns erneut anzustrengen, um echte Fortschritte zu erzielen. Besonders wichtig ist dabei die Zusammenarbeit mit der heranwachsenden Generation, die sich durch ein starkes Verlangen nach Veränderung und Nachhaltigkeit auszeichnet. Es ist jetzt an der Zeit, eine gemeinsame Basis zu finden, auf der wir gemeinsam eine zukunftsfähige und gerechte Gesellschaft aufbauen können.

Als ehemaliger Handballspieler und Vater von zwei Töchtern, wie balancieren Sie Ihr Privatleben mit den Anforderungen Ihrer Karriere als Wirtschaftsphilosoph?

Balance ist ein ständiger Kampf. Es gibt nie eine absolute Balance. Für mich geht es weniger um die eine Karriere. Ich fühle mich sehr privilegiert. Ich darf jeden Tag aufstehen und lernen. Ich liebe und lebe das Lernen und die Wahrnehmung über meine eigene Wahrnehmung. Ich lerne täglich von meinen Kindern und übe es, „dort zu sein, wo ich bin“, eben präsent zu sein. Es geht mir somit weniger um Balance, sondern vielmehr um Fokus, Anwesenheit und Wahrnehmung. Wir können es auch gern als Lebendigkeit bezeichnen. Ich liebe die Lebendigkeit.

Hier Informationen zum neuen Buch

“Wikinger-Kodex: Warum NORWEGER so erfolgreich sind”, erscheint im Februar 2024.

Indset ist Autor von mehreren internationalen Bestsellern, darunter „Wildes Wissen“, „Quantenwirtschaft“ und „Das infizierte Denken“. Sein neues Buch: „Wikinger-Kodex: Warum NORWEGER so erfolgreich sind“, erscheint im Februar 2024.

Erling Haaland (Fußball), Karsten Warholm (Leichtathletik), Victor Hovland (Golf) und Casper Ruud (Tennis) – Norweger, die über Nacht die Weltspitze der populärsten Sportarten erklommen haben. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis dessen, was Anders Indset den „WIKINGER-KODEX“ nennt. Dieses Buch enthüllt die Geheimnisse des norwegischen Erfolgs und erzählt von einer Leistungskultur, die nicht nur im Sport zu Hause, sondern auch tief in norwegischen Werten verwurzelt ist. Es zeigt, was Führungskräfte in Wirtschaft und Politik sowie die Gesellschaft als Ganzes vom Wikinger-Kodex lernen können und stellt anschaulich dar, wie eine neue, wertebasierte Leistungskultur Wirklichkeit werden kann.
Info: wikinger-kodex.de.

(Text: Red / Foto: privat)

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