RÖMER (BT) Die Bürgerinnen und Bürger haben es entschieden. Oberbürgermeister Peter Feldmann wird am Samstag seine Funktion, sein Büro und den Titel abgegeben haben. Es liegen 10 Jahre voller Ereignisse, Engagement und politischem Handeln hinter ihm. DER FRANKFURTER konnte vor Abschluss dieser Zeit noch einmal mit ihm im Amtszimmer über besondere Momente, Rück- und Ausblick sprechen.

Beate Tomann: Die Frankfurter Bürger haben sich entschieden. Und jetzt? Wie geht es weiter?
Peter Feldmann: Natürlich bin ich nicht glücklich über das Ergebnis. Aber ich bin froh, dass unsere Demokratie uns Bürgern die Wahl lässt. Das ist viel wichtiger als die Frage, wer Oberbürgermeister ist. Wenn ich auf die 10 Jahre zurückblicke, kann ich nur sagen: Ich bereue keinen einzigen Tag.

Was waren Projekte oder Ergebnisse, die Sie berühren oder berührt haben?
Als großen politischen Meilenstein sehe ich, dass es mit vielen engagierten Bürgern und Initiativen gelungen ist, den Verkauf der Nassauischen Heimstätten zu verhindern. Da waren die Menschen wirklich erleichtert. Und es war ein wichtiges Signal – wir nehmen eure Sorgen ernst, wir kümmern uns, damit die Mieten in Frankfurt bezahlbar bleiben. Deshalb bin auch auf den Mietpreisstopp so stolz. Maximal ein Prozent pro Jahr bei ABG und Nassauischer Heimstätte, damit die Familien in der Stadt leben können. Das hat für viele einen Unterschied gemacht.
Mir lag auch immer viel an der Förderung und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. Hier konnten wir unter anderem die Schwimmbäder kostenfrei für Kinder zur Verfügung stellen. Mit den Fahrgastinitiativen ist es uns gelungen, für Kinder, Jugendliche und Senioren ein 365-Euro-Ticket durchzusetzen. Und dann, ganz wichtig, wäre da noch die Stabsstelle für Fluglärmschutz.

Gibt es Projekte, die ihnen aktuell wichtig sind?
Das Thema Energiekosten brennt den Leuten unter den Nägeln. Hier gibt es eine fertige Vorlage, die dringend verabschiedet werden muss. Sie sieht vor, dass die Mainova bei Rückständen nicht die Leitung kappt. Unsere Familien oder Senioren sollen nicht in der Angst leben müssen, dass sie ihre Wohnung verlieren oder sie im Kalten sitzen, weil sie die Energiekosten nicht mehr stemmen können.
Für die Zukunft ist mir wichtig, dass der verabschiedete Mietpreisstopp weiter verteidigt wird. Desweitern liegt eine abstimmungsreife Vorlage für den kostenlosen Zugang zu einem Krippen-Platz für Kinder ab dem 2. Lebensjahr auf dem Tisch. Hier kämpfe ich schon seit geraumer Zeit an der Seite von Elterninitiativen.
Im Bereich der Verkehrskosten würde ich mir wünschen, dass die Erfahrungen mit dem 1-Euro-Ticket und bald dem 49-Euro-Ticket den Weg frei machen über die Stadtgrenzen hinaus Projekte anzustoßen. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sollte nicht am Preis scheitern.
Insgesamt freue ich mich über unsere so wunderbar vermischte und gemischte Stadtidentität mit ihrer internationalen Ausrichtung.

Wenn Sie an die 17 Partnerstädte auf 4 Kontinenten denken. Welche der Städte würden Sie jetzt noch einmal in Ruhe besuchen?
Das ist schwierig zu sagen, aber ja – ich würde gerne Tel Aviv wieder besuchen. Und Philadelphia, Wiege der amerikanischen Demokratie. Die Unabhängigkeitserklärung ist aufgrund des 25-prozentigen Einwohneranteils Philadelphias in Englisch und Deutsch verfasst. Das türkische Eskisehir ist mir sehr in Erinnerung geblieben. Da gab es zum Beispiel einen tollen Fußballmannschaften-Austausch mit Tel Aviv, Eskisehir und Frankfurt. Nach zwei Tagen wusste man schon nicht mehr, wer eigentlich woher kommt. So sollte es sein.

Gibt es etwas vom Anfang der Zeit als Oberbürgermeister, was Sie verblüfft hat?
Den Blick aus dem Dienstzimmer auf die Paulskirche habe ich sehr geliebt. Das erdet. Überrascht war ich, dass sich hinter der Büroschrankwand ein „Geheimzimmer“ befand und ein Balkon für kurze Ruhemomente. Aus dem Ruheraum gibt es eine Verbindung zu einer Wendeltreppe, die auch wohl von meiner Vorgängerin genutzt worden war. Ich habe mal gehört, die Treppe sei deshalb in der Verwaltung angeblich auch als „Prinzessinnensteig“ bekannt.

Was gibt es über Sie, was kaum jemand weiß?
Mein grüner Daumen ist wenigen Menschen bekannt. Ich habe tatsächlich eine Gärtnerausbildung und kann Hecken stutzen und Pflanzen setzen.
Und ich besitze den Straßenbahnführerschein. Damit habe ich auch schon mal „Promis“ zum Wäldchestag chauffiert.

Und was tun Sie bald mit Ihrer freieren Zeit.
Ich habe begonnen, das eine oder andere Erlebnis zu Papier zu bringen und natürlich werde ich mich verstärkt um meine bezaubernden Töchter kümmern. Ich kann „väterliche Spaghetti“ und Kartoffelpuffer. Gerade bringe ich der kleinen Tochter das Fahrradfahren bei. Das erlebt man als Vater mit Angst und Zuversicht. Ich freue mich aber schon auf gemeinsame Radtouren an der Nidda. Durchzuatmen ist etwas, was in den letzten Jahren sicher zu kurz kam. Aber eins ist sicher: Ich werde auch weiterhin eine streitbare, kämpferisch politisch aktive Rolle erfüllen. Ich fühle mich manchmal immer noch als „Klassensprecher“ für die Benachteiligen in unserer Stadt.

Vielen Dank für das persönliche Interview und wir wünschen Ihnen einen guten Start in die neue Lebensära.

Fotos: BT

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