80 Jahre Sportkreis: Das Miteinander im Sport als Ziel
Interview mit Roland Frischkorn, Vorsitzender des Sportkreis Frankfurt e.V.
FECHENHEIM (BT) Der Sportkreis Frankfurt e.V. ist die Dachorganisation der Sportvereine in Frankfurt. Mit zurzeit über 350.000 Mitgliedern, davon rund 150.000 Kinder und Jugendliche (bis 27 Jahren), in rund 416 Vereinen ist diese Vertretung des Sports in Frankfurt eine wichtige Institution. In diesen Tagen feiert der Sportkreis seinen 80. Geburtstag im Kaisersaal. Kurz zuvor konnte DER FRANKFURTER mit dem Vorsitzenden, Roland Frischkorn, einen Blick zurück und in die Zukunft werfen.
Wann und warum wurde der Sportkreis gegründet?
Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Fundament für den Sportkreis gelegt. Ziel der amerikanischen Militärregierung war es, vor allem die Jugend zur Demokratie zu erziehen. Gelingen sollte dies durch gemeinsamen Sport, unter Federführung des „Sportbund Groß-Frankfurt“. Der gesellschaftliche Stellenwert des Sports kann für die Notjahre von 1945 bis 1948 nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Diesem Auftrag sind wir heute noch treu. Das Konzept des Dachverbandes ging auf, nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Hessen. Der Landesportbund wurde ein Jahr später gegründet, um auch in ganz Hessen diese wichtige Verantwortung zu übernehmen.
Warum wurde 1995 aus dem ersten Engagement ein eingetragener Verein?
Der Vorstand des Frankfurter Sportkreises wollte nicht nur Befehlsempfänger sein. Er wollte sich eigenverantwortlich verhalten und auch Sponsoren-Modelle realisieren können.
Da sind wir ja auch nahe an Ihrer Karriere in diesem Bereich.
Ja, tatsächlich bin ich 1995 aus dem Vorstand der Sportjugend-Vertretung in den Sportkreis gewechselt. 1997 habe ich den stellvertretenden Vorsitz des Sportkreis übernommen und seit 2000 bin ich Vorsitzender des Sportkreises.
In dieser Zeit haben wir viele neue Konzepte etabliert. Das Jugendzentrum „Kuckucksnest“ entwickelte sich weiter zum Sportjugendzentrum mit Tischtennis-, Fitnessstudio-, Basketball- und Powerlifting-Angeboten. Durch die Integration in den Verein konnte eine Sportversicherung aktiviert werden.
Und gemeinsam mit meiner Frau hatte ich die Idee für das Konzept des „Mitternachtssport“ und dies anschließend auch umgesetzt. Die ab 22 Uhr nicht mehr genutzten Sporthallen wurden geöffnet für nicht in Vereinen organisierte Jugendliche. Mit bis zu 12 Veranstaltungen pro Monat haben wir über 10.000 Jugendliche erreicht. Die Polizei hat uns bei diesem Angebot unterstützt. Besonders schön ist, dass viele der heutigen Übungsleiter*innen aus den ehemaligen Spieler*innen der ersten Stunde rekrutiert werden konnten. Gerade als die Flüchtlinge in die Stadt kamen, war die Vielsprachigkeit dieser Gruppe ein echter Bonus. Das ist ein wunderbares Beispiel für Integration in das Ehrenamt.
Was zeichnete diese Zeit als Vorsitzender aus?
Vereine waren irgendwie langweilig geworden. Der Trend ging zu den neuen Fitnesscentern. Heute ergänzen sich die beiden Welten sinnvoll. Rund 160.000 Vereinsmitglieder haben heute Heimat in den Studios gefunden.
In den letzten 25 Jahren konnten wir im Sportkreis viele Projekte entwickeln und umsetzen. Nicht zuletzt auch durch die großzügige Unterstützung der Stadt Frankfurt, die unsere Arbeit für die Demokratie wertschätzt und vertrauensvoll unterstützt. Mit dem Sportkreis auf das Museumsuferfest zu gehen, war zunächst ein Novum. Heute ergänzen sich Kultur und Sport auf dieser Bühne. Weitere Stichwörter sind die „Sportaktionstage“, der „Frauensportsommer“ und die „WM der 32 Phantasieländer“. Ein besonders nachhaltiges Projekt ist „Gallus – 1:1 für Ausbildung“, in dem Jugendliche kostenfreie Berufsberatung in Anspruch nehmen können. Die Projektmitarbeiterinnen verfügen über ein sehr gutes Netzwerk mit Ausbildungsbetrieben und bringen Jugendliche mit ihnen zusammen. Rund 150 Jugendliche nutzen das Angebot jedes Jahr.
Herausragend ist auch das Projekt „Schulkids in Bewegung“, das sich an Grundschulkinder richtet. Ursprünglich wollte man in die Schultüten der Grundschüler*innen einen Vereinsgutschein stecken. Das wurde durch uns in ein aktives Angebot umgewandelt. Neben dem Schaffen von Kooperationen zwischen Schulen und Vereinen wurde beispielsweise ein wissenschaftlich begleiteter Mobilitätstest, das „SKIB Abzeichen“ entwickelt, dessen Ergebnis für die Eltern sogar Empfehlungen für Sportarten und Vereine in der Nachbarschaft beinhaltet.
Es ist schon wunderbar, was Sport alles bewirken kann.
Diese Wundertüte ist wirklich meine große Freude. 10.000 Ehrenamtliche aus den Vereinen liefern einen großen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung. Auch das Projekt „Bolzplatzliga“ ist ein positives Beispiel für Basisdemokratie. Hier haben sich die Teilnehmer*innen ein selbst entwickeltes Regelwerk für Turniere und dem Umgang mit Konflikten erarbeitet. Gerade war die Europäische Woche des Sports, für die wir 750 Veranstaltungen für Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet koordiniert haben.
Und wie geht es weiter? Was für Themen beschäftigen Sie?
Wir denken schon an morgen. Ab dem Schuljahr 2026/2027 ist die Ganztagsschule für die Grundschulen Pflicht. Schon heute machen wir uns Gedanken, wie wir die Kinder dennoch in den Vereinssport holen können, damit die Vereine nicht die nächste Generation verlieren.