OSTEND | Vom 21. Juli bis 6. August verwandelt die Sommerwerft – Internationales Theaterfestival am Fluss das Mainufer an der Weseler Werft im Frankfurter Osten zu einem Kulturfreiraum. Das diesjährige Thema „Remember the Future – performing arts creating community“ lädt dazu ein, die aktuellen globalen Entwicklungen auf ihre Zukunftsfähigkeit hin zu befragen. Das komplette Programm finden Sie unter www.sommerwerft.de.
Wie kann dem allgegenwärtigen Streben nach Sicherheit, Wachstum und Wohlstand ein solidarisches Verständnis hinzugefügt werden, das auf demokratischer Teilhabe, kollektiver Ressourcennutzung und kooperativen Strukturen basiert? 200 Künstler und Gruppen laden mit Musik, Tanz, Theater, Poesie und Performance zur aktiven Teilhabe ein.
Highlights aus dem Programm
Zur Eröffnung am Freitag, 21. Juli und Samstag, 22. Juli erinnert das Teatr Ósmego Dnia mit ARKA daran, dass wir im Zeitalter der Flüchtlinge, Vagabunden und Nomaden leben. In der Aufführung ist die Arche, ein riesiges geflügeltes Schiff, abwechselnd ein Zuhause, in dem Erinnerungen lebendig werden, ein Tempel, wo jeder seinen Gott anspricht, oder ein Ort des Fests, des Tanzes und der Freude. Das Schiff bewegt sich inmitten des Publikums, breitet dann seine violetten Flügel aus und hinterlässt ein bleibendes Bild von unaufhörlichen Pilgern auf dem Weg ins gelobte Land.
Am Sonntag, 23. Juli sprechen in der Tanzperformance FEEN von backsteinhaus produktion fünf Tänzer und zwei Weichbodenmatten darüber, wie sie mit gesellschaftlichen Zuschreibungen umgehen. Ein Dialog zwischen den Performer und dem Publikum über zugeschriebene Projektionen entkräftet eine feministische Regression, bestärkt ihre Mechanismen, verwandelt sie manchmal sogar in physischen Fortschritt.
Am Mittwoch, 26. Juli fragt die neue Produktion von antagon theaterAKTion in ASHES: Was bleibt, wenn nur noch Asche bleibt? Auf der Suche nach der Zukunft lohnt ein Blick zurück auf das, was war. Welche vergessenen und marginalisierten Lieder, Tänze, Rituale können eine Erzählung darüber schaffen, was uns als Menschen? Auf der Bühne vereinen sich Fragmente traditioneller Lieder & Choreographien mit physischem Theater, Puppen- und Maskenspiel und Livemusik in Bandbesetzung.
Am Sonntag, 30. Juli zeigt die international gefeierte Performance ANTIWORDS, die von den Werken Václav Havels beeinflusst ist, was passiert, wenn ein Bierbrauer und ein verfolgter Politiker, das Alter Ego von Václav Havel selbst, auf der Bühne aufeinandertreffen. Zwei Schauspielerinnen, eine Kiste echtes tschechisches Bier, riesige originelle Masken und absurder Humor.
Am Dienstag, 1. und Mittwoch, 2. August lädt die neue Straßenperformance MAUERRISSE vom Teatro Due Mondi zum Mitspielen ein. Entwickelt im Rahmen des europäischen Projektes MAUERSPRINGER ist sie das Ergebnis eines langjährigen kreativen und sozialen Prozesses, den das Ensemble 2011 mit dem partizipatorischen Theaterprojekt SENZA CONFINI – GRENZENLOS für Flüchtlinge und italienische BürgerInnen in Gang gesetzt hat.
Am Samstag, 5. August nimmt in KASHIMASHI Natasha Czertoks „privates Bestiarium“ mit einer gewissen Selbstironie die Dynamik unter die Lupe, die wir gewöhnlich als „Normalität“ definieren, und die Stereotypen, in denen wir uns wiedererkennen oder die wir ablehnen. Im Japanischen bedeutet kashimashi „laut, chaotisch“, eine traditionelle Sichtweise auf die Wohnung einer Frau als Quelle der Verwirrung und Unordnung.
Als besonderes Highlight zeigt am Samstag, 5. August die Dresden Frankfurt Dance Company (ehemals The Forsythe Company) mit 17 Tänzer in ihrer Choreografie ONE ONE ONE eine Möglichkeit, Tanz mit neuen Augen zu entdecken.
Die beliebte „Night of Dance“ am Montag, 24. Juli & Montag, 31. Juli wird in diesem Jahr erneut von ID_Frankfurt ko-kuratiert. Die in 2021 etablierte „Queer Night“ bietet am 3. August einen eigenen Raum für Performances zu LGBTIQ*-Themen.
Über den gesamten Festivalzeitraum begeistert das Musikprogramm mit täglich drei Bands im atmosphärischen Beduinenzelt. Zum Finale am 6. August zeigt traditionell das Kult-Musikkollektiv EMBRYO seine einzigartige Mischung aus Jazz, Weltmusik, Rock, Psychedelisches und vieles mehr.
Dass die Sommerwerft auch in diesem Jahr stattfinden kann, war noch vor 3 Monaten nicht klar. Die Finanzierung des Festivals stand so auf der Kippe wie noch nie. Seit Beginn ringen die Veranstalter von protagon e.V. als Freie Kulturschaffende um dieses Festival, das für eine offene Theaterkultur abseits der etablierten Häuser, für soziales Miteinander, Diversität und Dialog steht. In den Pandemiejahren wurde in der Verzweiflung der Krise plötzlich die Bedeutung der Kultur erkannt und zusätzliche Förderung möglich gemacht. Heute sind viele der strengen Auflagen geblieben, aber die Förderung ist weg. So musste die Entscheidung des Teams der Sommerwerft für das Festival, trotz einer immensen Geldlücke fallen. Mit Spenden, Fördermitgliedschaft, Mitarbeit und Unterschrift, kann geholfen werden – für eine langfristige und gesicherte Förderung – für eine Sommerwerft, wie wir sie in unserer Stadt wollen: Als offenen und diversen kulturellen Freiraum und das 17 Tage lang!
(Text: PM/BT / Foto: Marcos Garica)