BAHNHOFSVIERTEL | Das Künstlerhotel Nizza im Bahnhofsviertel, bevorzugte Adresse für darstellende und gestaltende Künstler, feiert am Samstag, 1. April, 30. Geburtstag. Stars wie Tatort-Kommissarin Mechthild Grossmann, Ulrich Tukur, die Leningrad Cowboys oder der Künstler Jonathan, die in Frankfurt zu Drehs, Gastspielen, Lesungen und Ausstellungen übernachten, schätzen dort die diskrete und persönliche Atmosphäre. Inzwischen begeistert der Charme des Hotel auch immer mehr Urlauber und Geschäftsreisende. Ausschlaggebend ist der atemberaubenden Skylineblick von einer der schönsten Dachterrassen der Stadt. Das kleine, Blumen geschmückte Paradies über dem 5. Stock ist für viele noch ein Geheimtipp. Seit einigen Jahren steht es neben den Hotelgästen allen offen, die hoch über dem Trubel des Bahnhofsviertels in aller Ruhe ein Gläschen Wein genießen möchten. Auch aus dem Fernsehen ist das „Nizza“ bekannt: als Drehort mehrere Tatort- und Matulla-Filme.

„Künstler sind eine besondere Klientel“, sagt Stefanie „Steffi“ Pesin. Die Hotelfachfrau führt das 27-Zimmerhaus in einem schönen Stilaltbau aus der Gründerzeit in der Elbestraße 10 am Rande des Bahnhofsviertels seit fünf Jahren mit ebenso viel Leidenschaft und Herzblut wie schon ihre Vorgänger. „Viele Gäste suchen einen ruhigen und gemütlichen Ort, um sich nach dem Stress von Proben und Drehs sowie abendlichen Aufführungen und Vernissagen zu erholen.“ Diesen finden sie im „Nizza“ mit seinen Flügeltüren, Stuckdecken, Erker und dem schönen alten Parkett.

Blickfänge sind der farnbewachse Patio im Hinterhof und vier elegant-nostalgische Etagenbäder, die sich jeweils viermal zwei Zimmer teilen. Sie strahlen einen Charme aus, als wären sie Kulisse in Thomas Manns Roman „Der Zauberberg“. Viele Gäste schätzen diese Atmosphäre und buchen die passenden Zimmer. Die übrigen 19 Zimmer haben eigene Bäder. Einige sind von Künstlern gestaltet. Bekannt ist das Hotel auch durch inzwischen legendäre Bar-Abenden und Kunstevents. So lud Stefanie Pesin voriges Jahr zur „Grand Nizza Show“ ein. 24 Städelschüler stellten dort vier Wochen aus. Daran erinnern das raumfüllende Decken-Taping „Dancers in the Sky“ und das Wandtableau „Spiegelei “ im Fahrstuhl. Zudem veranstaltet sie für Gruppen bis 30 Personen Diner-Events.

Die Geschichte des Hotels Nizza reicht bis in die siebziger Jahre zurück. Damals logierten viele Künstler in einem Hotel gleichen Namens am Untermainkai 29. Zu den Stammgästen der Anfang der achtziger Jahre aufgegeben Herberge zählte etwa die bunte Clique um den

Regisseur Rainer Werner Fassbinder. In Anlehnung an dieses Hotel und den schönen Namen eröffneten Ursula Gerner, zuvor Dramaturgin und PR-Frau am Frankfurter Schauspiel, und ihr Mann Heiko Holefleisch 1993 das Hotel Nizza in der Elbestraße. Hotelexpertise hatten die beiden nicht, dafür um so mehr Erfahrung im Umgang mit Künstlerinnen und Künstlern. Eigentümer des in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts errichteten Gebäudes ist bis heute die Stadt Frankfurt. Sie ließ damals Fassade, Dach, Versorgung¬s¬leitungen usw. renovieren. Planung der Innenarchitektur und Kosten der Einrichtung übernahm das Betreiberpaar. Wichtig war ihnen, keine genormten Räume sondern individuell gestaltete Zimmer einzurichten.

Schlagzeilen hatte das Haus vor dem Umbau zum Hotel durch eine Hausbesetzung gemacht. Etwa 40 Studenten waren im Februar 1990 zu nächtlicher Stunde in das zuvor zwei Jahre leerstehende Haus eingedrungen. Sie protestierten gegen die Wohnungsnot, die schon damals in Frankfurt herrschte. Aufsehen erregte, dass es die erste Hausbesetzung unter einem rotgrünen Magistrat war. Zuvor war die Elbestraße 10 durch das Rotlichtlokal „Elbestübche“ bekannt. Damals war das Rotlichtmilieu im gesamten Bahnhofsviertel verbreitet, während es sich heute auf die Gegend um die Taunusstraße konzentriert. Eines hat auch Stefanie Pesin wie ihre Vorgänger beibehalten. Besucherinnen und Besucher müssen die Messingklingel am Eingang drücken. Dann steht ihnen das gastfreundliche, mit mit Liebe zum Detail geleitete Haus offen.

(Text/Foto: PM)

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