Na, Weihnachten gut verbracht oder eher überlebt? Das Fest der Harmonie offenbart in vielen Familien erhebliches Konfliktpotential – alle Jahre wieder. Klar, wir freuen uns auf die gemeinsamen Tage im Kreis der Familie. Doch die Erfahrungen lehren uns auch, dass es trotz aller Mühe und Rücksichtnahme immer mal wieder zu Unstimmigkeiten oder Streit kommen kann.
Da ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass Weihnachten auf der Stress-Skala, die die häufigsten stressauslösenden Ereignisse auflistet, auf Platz 12 liegt. Gleichrangig mit einem Knöllchen wegen einer roten Ampel, nur an mehreren Tagen. An Weihnachten können durch diesen Stress auch kleine Zänkereien in einen handfesten Familienkrach ausarten. Vor allem, wenn sich einige Familienmitglieder Konfliktthemen das ganze Jahr aufgehoben haben und als nachtragendes Geschenk zur Feier mitbringen. Dann hängt der Segen schief und Weihnachten wird zur Katastrophe.
Aber mal grundsätzlich gefragt, ist Streit immer schlecht? Sind Konflikte immer negativ? Ist es schlimm, einer anderen Meinung zu sein? Nein! Nicht der Streit ist schlecht, wir streiten schlecht! Das wundert auch nicht, denn schon in den frühen Kindertagen hat schon die Oma gesagt: „Kinder, streitet Euch nicht!“. Kaum einer hat von frühester Kindheit an gelernt, dass der Streit sinnvoll ist. Dass er eine Sonderform der Kommunikation ist, die viel häufiger vorkommt, als wir denken. Konflikte sind normal – Menschen fühlen, denken und wollen unterschiedlich! Auch das ist gut, denn seit Menschengedenken entstammt aus diesen Konflikten der Fortschritt. Harmonie führt zu Stillstand.
Wie aber streitet man besser? Gehen wir beispielsweise davon aus, dass unser Gegenüber auch Recht haben könnte und hören ihm oder ihr einfach zu und stellen Verständnisfragen. Denn es geht bei dieser Form der Kommunikation doch nicht darum, Recht zu haben oder zu gewinnen. Es geht darum, ein für beide Seiten zielführendes Ergebnis zu erreichen. Wie, Sie sehen das anders? Gewinnen ist Ihnen wichtig? Vielleicht sogar Rache üben oder das eigene Ego zu zelebrieren? Dann lesen Sie bitte nicht weiter.
Der Konflikt ist eine Form des Dialogs – der zielgerichtete Austausch von Meinungen, Interessen und Emotionen. Da helfen Respekt und Wertschätzung sowie gemeinsame Absichten erheblich weiter. Wie auch Offenheit statt negativen Vermutungen. Statt Vorwürfen, können Sie auch Wünsche äußern. Statt dem üblichen „Nie bringst Du den Müll raus“, versuchen Sie es mal mit „Kannst Du bitte den Müll rausbringen, das wäre sehr lieb!“. Denken Sie daran, Sie können andere Menschen nicht ändern, nur sich selbst. Diese Erkenntnis nimmt vielen Konflikten die Brisanz.
Frank Weber (weber.advisory & Hochschule Fresenius)