VON FRANK WEBER
Was bindet uns Menschen eigentlich aneinander? Sicherlich auch die Gabe miteinander zu sprechen und im Dialog zu sein. Eben jener zielgerichtete Austausch von Meinungen, Gedanken und auch Interessen. Oder aber gerne auch das gemeinsame Gespräch über Emotionen, die uns Menschen bewegen. Denn diese lassen auf das schließen, was einem besonders wichtig ist und was damit im Miteinander Beachtung finden sollte.
Eine Gesellschaft benötigt für den Zusammenhalt der Menschen eine ausgeprägte und belastbare Dialog- und Diskurskultur. Folgt man aber vielen öffentlichen Diskussionen, so gewinnt man den Eindruck, dass es um diese Kultur nicht gut bestellt ist. Gerade in den zurückliegenden Monaten und Wochen des Wahlkampfs fand das Verschärfung, was seit einigen Jahren zunehmend zu beobachten ist: Die Bereitschaft zum Diskurs sinkt deutlich und an die Stelle der ergebnisoffenen Diskussion tritt ein Schwarzweißbild ohne jegliche Grautöne oder gar farbliche Schattierungen.
Recht haben müssen, gewinnen wollen, das eigene Ego zelebrieren und zuweilen auch Rache üben wollen tritt an die Stelle von Respekt und Wertschätzung sowie dem Verfolgen von gemeinsamen Absichten und Interessen. Die man erst einmal entdecken und definieren muss, was im Dialog hervorragend gelingen würde.
Der Austausch von Gedanken und Positionen nimmt ab, gravierend. Es geht immer häufiger nur noch darum, seine Standpunkte durchzuboxen. Sich stattdessen auf einen Gesprächspartner einzulassen, diesem aufmerksam zuzuhören und dessen Interessen verstehen zu wollen? Warum auch… Denn es geht schließlich um den eigenen Sieg und damit um die Niederlage des Gegenübers.
Fragt man sich aber, wer dann da eigentlich Sieger ist, dann kommt man schnell zu einer Antwort – wenn man ehrlich ist: Das Ego einer Einzelperson über das Ego einer anderen Einzelperson. Offengestanden ist das aber vollkommen unwichtig. Probleme, von denen wir in dieser Zeit genügend haben, werden damit nicht gelöst.
Urlaubserholt leiste ich mir folgende Idee: Ich wünsche mir Menschen an den wichtigen Schaltstellen, die sich dadurch auszeichnen, gute Ideen zu haben, diese im Dialog mit anderen weiterentwickeln und nicht dadurch glänzen, in dem sie andere niedermachen. Menschen, die die massiven Probleme dieser Zeit bekämpfen und nicht andere Menschen. Menschen, die bereit sind, im Sinne der gemeinsamen Sache zu kooperieren und dabei weniger an sich denken. Menschen, die nicht aus gepanzerten Limousinen auf Demonstranten herabblicken, sondern auf diese zugehen und den Diskurs suchen – Wertschätzend und auf Augenhöhe. In Fairness und in der Bereitschaft, sich mit den Argumenten des Gegenübers zu beschäftigen.
Zu hoch gesprungen? Vielleicht, dann fangen wir einfach bei uns selbst an. Jeder für sich und jeden Tag. Es ist gar nicht so schwer: Formulieren wir Wünsche statt Vorwürfe. Sprechen wir nicht über Schuld, wenn etwas schiefgelaufen ist, sondern konzentrieren wir uns darauf, wie wir das Ziel trotzdem erreichen – gemeinsam. Zeigen wir eine Offenheit den anderen gegenüber statt immer nur die Vermutung negativer Absichten. Stopfen wir unsere Gegenüber nicht in Schubladen, sondern begegnen wir ihnen mit Neugierde. Jeder Mensch hat spannende Facetten. Tauschen wir uns dann noch über wechselseitige Interessen aus, anstatt auf Standpunkten herumzureiten, dann haben wir nahezu alles, was ein guter Dialog benötigt.
Ich wünsche es mir sehr, dass das gelingt. Denn wir brauchen angesichts der zu lösenden ökologischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und auch sozialen Probleme ein Miteinander.
Frank Weber ist Inhaber der Unternehmensberatung weber.advisory und Lehrbeauftragter der Hochschule Fresenius sowie Initiator des Barcamps #Agile.Frankfurt