Im Rahmen der Renovierung wird die Orgel in der St. Thomasgemeinde in Heddernheim um 500 Pfeifen erweitert. Da sind Klänge und Töne dabei, die die bisherige Orgel nicht hatte. Cornelia Rost hat es sich zum Ziel gesetzt, dieses Projekt so gut wie möglich zu unterstützen. Sie kam 1990 nach Heddernheim, eher zufällig, doch blieb sie, da ihr der Stadtteil bis heute noch sehr gut gefällt.

Tara Lipke: Frau Rost, Sie sind ehrenamtlich in der St. Thomasgemeinde tätig. Wie kam es dazu?

Cornelia Rost: Ich war früher Journalistin beim Hessischen Rundfunk, dort habe ich als Musikredakteurin gearbeitet. Nachdem ich dann in den Ruhestand gegangen bin, dachte ich mir, ich muss auf jeden Fall etwas machen. Da habe ich begonnen alles Mögliche ehrenamtlich auszuprobieren. 2015 kam die Flüchtlingswelle, da habe ich bei der Diakonie eine Fortbildung zur Migrantenbetreuung gemacht und dann ein Jahr lang eine Iranerin mit ihrer Tochter begleitet. Ende 2017 war ich drei Monate auf Sansibar und habe dort in einer Musikschule gearbeitet. Es war immer mein Traum, nicht nur eine Studienreise dorthin zu machen, sondern eben wirklich vor Ort dabei zu sein und dort zu arbeiten. Diese drei Monate waren großartig, die möchte ich nicht missen.

Anschließend habe ich in der Flüchtlingsunterkunft in Kalbach ein knappes Jahr in der Hausaufgabenbetreuung für Kinder und Jugendliche mitgeholfen.

Parallel kam dann das Projekt der Neuen Thomasorgel hoch. Zu der Zeit sang ich bereits viele Jahre in der Thomaskantorei. Schon als ich mit meiner Familie nach Heddernheim gezogen bin, Anfang der 90er, hatte die Thomaskantorei so einen guten Ruf, da dachte ich mir schon so: „Wow, da muss ich mal selbst mitsingen.“ Vor einigen Jahren gab es einen Wechsel der Kantoren. Der neue, Tobias Koriath, hat dann die Kantorei sowie das Kammerorchester weiterentwickelt, worin ich selbst auch Cello spiele, und u.a. auch die Konzertreihe der „Neuen Frankfurter Bachstunden“ ins Leben gerufen.

Und er hat das Konzept der „Neuen Thomasorgel“ entwickelt. Jede Orgel muss ja alle ca. 20 Jahre grundgereinigt werden, also auch die Thomasorgel. Das stand auch schon vor dem Kantorenwechsel fest. Als es dann so weit war, wurde beschlossen, die Orgel nicht nur zu reinigen, sondern auch zu erweitern. Das musste natürlich vom Kirchenvorstand genehmigt werden. Schließlich geht ja um eine Menge Geld, und 2016 war dann der offizielle Start für das Projekt.

TL: Mit welchen Aufgaben beschäftigen Sie sich noch ehrenamtlich in der Thomaskantorei?

CR: Ich mache vor allem die Pressearbeit für die Thomaskantorei. Denn das ist einfach meine Welt. Ich bringe auch jeden Monat einen Newsletter heraus: „Musik an St. Thomas“. Den haben wir seit 2018. Seit Anfang des Jahres mache ich im Newsletter auch ein „Thomasorgel St. Thomas-Countdown-Quiz“ mit einem „Was ist das?“-Foto von verschiedenen Orgelteilen. Der Gewinner bekommt eine Flasche Orgelwein.

Weiter arbeite ich im Fundraising-Team für die Neue Thomasorgel mit. Dort haben wir uns mehrere Dinge zur Finanzierung der Orgel ausgedacht: den Orgelwein zum Beispiel, später gab es das legendäre Orgelmüsli, dann auch Gewürznüsse. Seit vielen Jahren haben in der St. Thomasgemeinde auch unseren Adventsbasar. Hier kann man typische Adventssachen kaufen wie Marmeladen, Plätzchen und selbstgebastelte Weihnachtsdeko. Das alles kommt seit ein paar Jahren der Orgel zugute. Aber ab dem nächsten Jahr sind dann wieder andere Themen dran.

TL: Die Thomasorgel liegt Ihnen ja besonders am Herzen. Was ist das Besondere an dem Projekt?

CR: Es gibt einige Besonderheiten an der neuen Orgel, vor allem viele neue Klangfarben und neue Register. Dann bekommt die Orgel ein Schwellwerk. Damit kann der Klang durch das Öffnen und Schließen von Lamellen stufenlos lauter und leiser gestellt werden.

Weiter wird eine neue digitale Technik eingebaut, mit der sich Register leichter ansteuern und kombinieren lassen. Das heißt, man hat sehr viel mehr Möglichkeiten Klänge zu verbinden und Tasten zu belegen. Außerdem haben wir dann auch einen neuen Spieltisch mit einem Monitor. Für die neuen Register werden über 500 weitere Pfeifen eingebaut, somit hat die Orgel dann insgesamt 1750 Pfeifen! Und für die neuen Pfeifen suchen wir auch noch Pfeifenpaten.

TL: Pfeifenpaten? Was hat es damit auf sich?

CR: Es ist eine Spende mit symbolischer Patenschaft. Da kann man sich in einer der sechs verschiedenen Preis-Kategorien eine Pfeife für einen Ton aussuchen, zum Beispiel den Anfangston seines Namens, oder auch nach einem Ton, den man schön findet. Weil ich Cornelia heiße, habe ich ein C1 und ein C0 aus dem neuen Register „Schwebung“ ausgewählt, den C-Ton aufgrund meines Namens und die „Schwebung“, weil ich diese Klänge so faszinierend finde.

Für eine Pfeifenpatenschaft gibt es nicht nur einen Spendenbeleg, sondern auch eine schön gestaltete, persönliche Urkunde. Manche Geschäfte in Heddernheim hängen diese Urkunden gerne in ihre Schaufenster.

Um das Projekt „Neue Thomasorgel“ im Stadtteil bekannter zu machen, sind wir letztes Jahr, also vor Corona, übrigens zusammen mit Kindern und Jugendlichen auf dem berühmten Fastnachtszug „Klaa Paris“ mitgezogen – als Pfeifen verkleidet. Das war echt witzig! Die Kostüme bestanden aus silberfarbenem Dämmmaterial. So konnten wir damals schon ein wenig auf unsere Pfeifenpatenschaften und die „Neue Thomasorgel“ aufmerksam machen. Mehr Informationen dazu findet man übrigens auf der Homepage: www.thomasorgel.info

TL: Wie finanziert sich sonst der Neubau der Orgel?

CR: Zunächst mal ist die Grundlage eine Mischfinanzierung aus Eigenmitteln und Zuschüssen von kirchlichen Institutionen. Ein großer Posten sind außerdem Spenden und Kollekten, dann der Verkauf auf Gemeindebasaren, und natürlich die Erlöse aus Pfeifenpatenschaften. Viele Betriebe in Heddernheim haben auch schon für den Bau der Orgel gespendet. Die werden dann auch in der Festschrift zur Einweihung der Orgel erwähnt. Außerdem möchte ich zur Einweihung auch einen Aufsteller an der Kirche machen: „Heddernheimer Betriebe unterstützen die Thomasorgel“. Natürlich sind viele Betriebe wegen der angespannten Corona-Situation gerade in einer sehr schwierigen Phase. Und ich finde es toll, dass so viele trotzdem etwas spenden. Aber man hat verstanden, dass die Neue Thomasorgel ja ein Gewinn für den ganzen Stadtteil ist. Wir nutzen sie ja nicht nur für unsere Gottesdienste, sondern als Instrument, das uns internationale Musiker und Künstler herholt.

TL: Das Orgelprojekt zieht sich jetzt schon seit mehreren Jahren. Wann ist die Fertigstellung der Orgel denn geplant?

CR: Der Aufbau in St. Thomas läuft seit Februar und im Juli wird sie fertig sein. Vom 10. bis 19. September 2021 haben wir dann eine ganze Festwoche zur Einweihung geplant. Wir wissen allerdings noch nicht, wie viele Leute bis dahin tatsächlich in die Kirche dürfen.

Auf jeden Fall haben wir uns einiges einfallen lassen: Es gibt Festkonzerte und einen Festgottesdienst. Die Pfeifenpaten bekommen ein Exklusivkonzert, bei dem sie auch „ihren“ Pfeifenton hören können. Es wird auch Experimentelles geben, Führungen, Familienprogramme sowie ein Konzert zum Thema „Orgel und Stummfilm“. Dabei wird im Vorfeld abgestimmt, zu welchem Film es eine Musikuntermalung gibt.

Auch klasse war die Idee einer Kollegin. Sie schlug vor, dass wir alle gemeinsam einen ganz langen schwarz-weißen Schal stricken und diesen im Zusammenhang mit dem Familienkonzert am Samstagnachmittag um die Kirche wickeln. Ich selbst habe auch meinen Pflichtmeter gestrickt. Also: der Schal wächst und wächst, über 100 Meter sollen es werden!

Und weil schwarz-weiß ja klassischerweise die Farben der Eintracht sind, dachten wir uns, das müssen wir unbedingt irgendwie verbinden. Und wir hoffen, dass wir für die Aktion ein paar Eintracht-Fans finden, die da mitmachen. Wir haben also einige Ideen für die Einweihung der neuen Orgel!

(Text&Fotos: TL)

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