FRANKFURT (BT) | Wenn Frankfurt laut und voll ist, strömen die Menschenmassen auf dem Weg von der Zeil zum Römer einfach an der Liebfrauenkirche vorbei. In diesen Zeiten ist weniger los und der Eingang zum Hinterhof wird plötzlich sichtbar und begehbar. Im Hof ist ein Ort der Stille und die offene Türe des Franziskustreff.

Franziskustreff Historie

Bruder Wendelin hatte vor 29 Jahren die Idee. Nach dem Motto, wenn mir Gott die Obdachlosen schickt, dann folgen auch die Mittel, um sie zu nähren. Ganz im Sinne von Ordensvater Franz von Assisi, der einen Teil seines Lebens den Lepra-Kranken widmete. Im Franziskustreff können obdachlose und sozial bedürftige Menschen seit über 25 Jahre frühstücken und sich beraten lassen. Das Frühstück kostet 50 Cent und wer das nicht aufbringen kann, dem wird die Kombination von Sozialberatung und Frühstück angeboten.
Das Engagement von Bruder Wendelin übernahm Bruder Paulus und seit sechs Jahren ist Bruder Michael Wies in der Verantwortung. Er ist gleichzeitig auch Guardian des Kapuzinerklosters
Liebfrauen, in dem heute sieben Klosterbrüder leben und wirken. Bruder Paulus ist heute Teil des Stiftungsvorstands.

Im Gespräch mit Bruder Michael
Aktuell ist trotz Pandemie dieser Anlaufpunkt für viele Menschen offen. Daraus ergeben sich viele Herausforderungen. Die Öffnung weiter aufrechtzuerhalten und in Kontakt mit den Wohltätern zu bleiben war die Herausforderung seit Beginn der Pandemie. Hygienekonzepte mussten entwickelt werden.

Beate Tomann: Bruder Michael wie haben Sie das geschafft, das Frühstücksangebot trotz der neuen Situation weiter aufrechtzuerhalten?

Bruder Michael: Wir bekamen schon in der ersten Pandemiewelle eine besondere Verantwortung übertragen. Der Aufruf: „Bleibt Zuhause!“ funktioniert in unserer Zielgruppe nicht. So galt es die Entwicklung einesHygiene-Konzeptes und eine Umorganisation des Ablaufes
voranzutreiben. Während wir früher 45 Minuten für jeden Teilnehmer Frühstückszeit angeboten haben, sind es jetzt nur noch 15 Minuten. Die Sitzplätze mussten ausgedünnt werden, um die Abstände zu realisieren. Im Hof haben wir eine Hygiene-Station mit Desinfektion und Handwaschbecken gespendet bekommen. Die Veränderung geht zwar auf Kosten von persönlicher Begegnung, aber so konnte der Franziskustreff weiter offengehalten werden. Wir hatten nie geschlossen und waren immer für unsere Gäste da. Das ist und bleibt eine Teamleistung aller Haupt- und Ehrenamtlichen. Dafür bin ich persönlich sehr dankbar.

Und wie funktioniert das mit der Sozialberatung?

Im Team unserer Festangestellten haben wir für die Sozialarbeit eine Frau, die in einem Raum mit Glasscheibe ihre Unterstützung anbieten kann. Auch hier ist die
Tür offen, hier helfen auch Ehrenamtliche bei der Anmeldung
zur Sozialberatung in der Umsetzung. Frauen lassen sich traditionsgemäß weniger helfen, aber auch hier sehen wir eine Veränderung in den letzten Jahren. Es gibt einen Zuwachs der Anfragen. Der Beratungsbedarf ist überall in der Pandemie gestiegen.

Der Franziskustreff finanziert sich ausschließlich über Spenden. Viele Menschen helfen ehrenamtlich bei der Frühstücksausgabe. Wie ist die aktuelle Situation?

Ein besonderer Aspekt des Frühstücks ist, dass unsere Besucher bedient werden. Sie werden am Platz gefragt, ob sie Kaffee oder Tee wollen. Sie können sich den Belag der Brote auswählen. Käse-,Wurst- oder eine gemischter Teller stehen zur Auswahl. Früher
gab es zum Ende des Frühstücks eine Butterbrotpapier-Tüte, damit sie sich die Reste noch für den Tag richten konnten. In diesen Tagen liegt die Vespertüte schon gleich mit am Platz. Für diese und andere Organisationsstrukturen braucht es ein verantwortliches Team.

Wir haben ein kleines Team Festangestellte und greifen auf über 60 ehrenamtliche Helfer zurück. Die Mitmacher sind aus jeder Altersklasse. Zu stemmen ist nicht nur das Frühstück. Auch die Ordnung in Raum und Zeit muss funktionieren. Es gibt einen Aufruf, kurz vor Ende der Frühstückszeit, dann muss jedes Mal der Raum desinfiziert und gelüftet werden.
Für das Team der Ehrenamtlichen brauchen wir zurzeit keine weiteren Freiwilligen. Aber natürlich konnten wir im vergangenen Jahr kaum Angebote unterbreiten wie Wohltäter-Abende oder Wohltäter-Nachmittage, um Spenden zu generieren. Hier sind
wir für alles dankbar, was die Stiftung erreicht.

Stiftung – warum ist der Franziskustreff jetzt eine Stiftung?

Alles braucht seine Ordnung und einen Rahmen. Wir haben früher
bis zu 190 Menschen mit diesem Frühstücksangebot als Gästewillkommen geheißen. Das ist nicht nur ein personeller wie materieller Aufwand. Es bedeutetauch eine große Verantwortung, die sich leichter in einer Struktur tragen lässt. Durch die Stiftung hat vieles seinen Platz bekommen und wir können auf allen Ebenen professionell arbeiten. Damit diese wunderbare Arbeit gesehen wird, dürfen wir nun auch das Engagement mit Informationen und einer aktuellen Website verstärken. Eine bürgerliche Stiftung ist auf Ewigkeit angelegt und wir wollen die Obdachlosenarbeit an der Liebfrauen verstetigen und diesdauerhaft. Deswegen die Stiftung.

Was ist das Besondere aus der Sicht der Gäste?

Unsere Frühstücksgäste fühlen sich in einer Art Familie aufgehoben. Jeden Tag treffen sie sich zu einem gemeinsamen Essen. Sie werden nach ihren Wünschen gefragt und bekommen zum Abschluss auch noch ein Stückchen Kuchen gereicht. Sie genießen Respekt, Struktur und
Ordnung. Menschen, die wissen, dass sie mit Geld nicht gut umgehen können, hinterlegen am Anfang des Monats das Geld für den täglichen Gutschein. Damit erhalten sie sich ihre Würde.

Wie kamen Sie in die Verantwortung diesen Frühstückstreff zu leiten?

Als Bürokaufmann bin ich eher ungewöhnlich im Kapuziner Orden gelandet. Ich habe in Münster Soziale Arbeit und Sozialpädagogik studiert und mich nach einer
Probezeit im Orden für die lebenslange Nachfolge im Kapuzinerorden entschieden. Die Stelle wurde mir angeboten, weil mich mein Studium auf den Bedarf vorbereitet hat und ich in meiner weltlichen Zeit genau die richtigen Eigenschaften entwickeln konnte. Dazu gehören eben auch die Fähigkeiten als Meinungsbildner vorauszugehen, Beziehungen zu pflegen,
um Spenden zu generieren und die Kreativität, immer wieder Wege zu finden. Letztes Jahr
haben wir aus dem geplanten Sommerfest ein Fest to go gemacht, dank der Kreativität
unseres Hauswirtschaftsleiters Herr Merckle.

Wenn Sie sich etwas für Frankfurt wünschen würden? Was wäre das?

Es sind immer noch zu viele Menschen obdachlos. In diesem Winter sind zwei Menschen auf der Straße in Frankfurt gestorben. Das ist eine traurige Meldung. Ich wünsche mir mehr Wohnungsnotfallhilfe, mehr sozialen Wohnraum und mehr Prävention, damit gefährdete Menschen schon vor der finalen Obdachlosigkeit aufgefangen und angeleitet werden können, ihr Leben wieder in der Gesellschaft zu gestalten.

 

 

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