Das Städel Museum in Frankfurt am Main hat bereits eine lange Tradition in der Sammlung der Kunst Beckmanns. Neben der Sammlung präsentiert das Städel Museum neu die Sonderausstellung „Städels Beckmann / Beckmanns Städel. Die Jahre in Frankfurt“, die bis zum 29. August 2021 verlängert wird. Animiert zu dieser Soneraustellung wurde das Städel  durch den Neuerwerb des Gemäldes Selbstbildnis mit Sektglas aus dem Jahre 1919.

„Es ist ein außerordentlicher Glücksfall, dass wir dank des überwältigenden gemeinschaftlichen Engagements privater und staatlicher Förderer erst vor Kurzem das Selbstbildnis mit Sektglas von Max Beckmann für das Städel Museum erwerben konnten.“ so Städel Direktor Philipp Demandt.

Über Max Beckmann

Max Beckmann (1884–1950) ist wie kaum ein anderer Künstler mit dem Städel Museum und Frankfurt verbunden. Er verbrachte die längste und wichtigste Zeit seines Lebens in Frankfurt, schuf hier einen Großteil seiner zentralen Werke und entwickelte den für ihn charakteristischen Stil. Das Städel Museum befasst sich seit fast einem Jahrhundert intensiv mit dem Sammeln und der Erforschung seines Œuvres. Außerdem wurden seit 1918 immer wieder Arbeiten des Künstlers erworben; heute verfügt das Museum über eine der weltweit umfangreichsten Beckmann-Sammlungen.

Jüngst konnte eines der bekanntesten und bedeutsamsten Werke des Künstlers, Selbstbildnis mit Sektglas (1919), für das Städel gesichert werden. Diese Ikone der Moderne wurde dank der Unterstützung des Städelschen Museums-Vereins, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Bundesrepublik Deutschland und der Kulturstiftung der Länder sowie fünf privater Mäzene erworben.

Selbstbildnis mit Sektglas, 1919, Beckmann
Foto: Städel Museum

Traumatisiert von seinen Erlebnissen als Sanitätshelfer im Ersten Weltkrieg kam Max Beckmann im Jahr 1915 in die Mainmetropole. Zahlreiche Frankfurter Ansichten, Selbstbildnisse und Porträts von Freunden und Bekannten belegen seine enge Bindung an die Stadt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde er aus seiner Lehrtätigkeit entlassen und musste Frankfurt verlassen. 1937 floh Beckmann, als „entartet“ diffamiert, nach Amsterdam. 1950 starb er in New York.

Seine Jahre in Frankfurt

Beckmann hat wie kaum ein zweiter Künstler der Klassischen Moderne Selbstbildnisse geschaffen. Sie entstanden in allen Techniken, von der Malerei über die Zeichnung und Druckgrafik bis hin zur Skulptur. Sie begleiteten Beckmanns künstlerischen Werdegang von seinem Früh- bis in sein Spätwerk und veranschaulichen entscheidende Phasen seiner Entwicklung. Im Zentrum des Kapitels steht dabei die jüngste Neuerwerbung des Städel: das Gemälde Selbstbildnis mit Sektglas. 1919 in Frankfurt gemalt, ist es ein Sinnbild der Zwischenkriegszeit und der Weimarer Republik. Es zeigt den Künstler zum ersten Mal als eleganten Dandy im Smoking an der Theke eines Nachtlokals, vermutlich der Bar des Frankfurter Hofs, wo Beckmann laut Zeitzeugen mit Vorliebe Champagner trank.

Das Selbstbildnis bedeutete für Beckmann mehr als die Darstellung persönlicher Gemütsverfassungen. Es half ihm bei der Bestimmung seiner Rolle als Künstler in der Gesellschaft und war eine Möglichkeit, weltanschauliche Fragestellungen sowie grundlegende menschliche Konflikte zu thematisieren.

Auch widmet sich ein Teil der Ausstellung Beckmanns Leben in Frankfurt. Ein Stadtplan zeigt neben Beckmanns Wohn- und Wirkungsstätten auch seine bevorzugten Aufenthaltsorte und seine wichtigsten Frankfurter Kontakte. In der Mainmetropole entwickelte Beckmann sich zu einem Künstler von internationalem Rang. Seit 1918 entstand im Städel Museum die größte öffentliche Sammlung von Werken Beckmanns.

Die Zerstörung von Beckmanns Werken

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mussten Beckmanns Gemälde abgehängt werden und wanderten ins Depot. Im Sommer 1937 erfolgte im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ die Beschlagnahmung nahezu der gesamten Beckmann-Sammlung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierte Swarzenskis Nachfolger Ernst Holzinger 1947 gemeinsam mit Beckmanns Galeristen Günther Franke wieder eine Beckmann-Ausstellung im Städel mit Werken aus Privatbesitz. Der Kunsthändler schenkte dem Städel aus diesem Anlass mehrere Grafiken. Von entscheidender Bedeutung für den Wiederaufbau der verlorenen Beckmann-Sammlung war der Zugang von fast 170 Papierarbeiten aus der großen Grafiksammlung eines mit Beckmann befreundeten Ehepaars. Ein Jahr nach dem Tod des Künstlers realisierte die Stadt Frankfurt mit Zirkuswagen den ersten Ankauf eines Beckmann Gemäldes in der Nachkriegszeit. Seither hat das Städel kontinuierlich weitere Arbeiten des Künstlers erworben.

Das Städel Museum – 700 Jahre Kunstgeschichte unter einem Dach

1815 als bürgerliche Stiftung von dem Bankier und Kaufmann Johann Friedrich Städel begründet, gilt das Städel Museum als älteste und renommierteste Museumsstiftung in Deutschland. Die Vielfalt der Sammlung bietet einen nahezu lückenlosen Überblick über 700 Jahre europäische Kunstgeschichte – vom frühen 14. Jahrhundert über die Renaissance, den Barock und die klassische Moderne bis in die unmittelbare Gegenwart. Insgesamt umfasst die Sammlung des Städel rund 3.100 Gemälde, 660 Skulpturen, über 5.000 Fotografien und über 100.000 Zeichnungen und Grafiken. Neben dem Sammeln und Bewahren bilden die wissenschaftliche Erforschung des Bestandes sowie die Entwicklung von Ausstellungen aus dem Sammlungszusammenhang heraus Schwerpunkte der Museumsarbeit.

Mehr Platz für mehr Werke

Der Frankfurter Bankier und Gewürzhändler Johann Friedrich Städel stiftete 1815 sein Haus am Rossmarkt sowie seine Kunstsammlung und sein Vermögen zur Gründung des nach ihm benannten Kunstinstituts. Dessen Auftrag war zum einen der Unterhalt einer öffentlichen Sammlung, zum anderen die Ausbildung von Künstlern in einer Kunsthochschule, der heutigen Städelschule, die später von der Stadt Frankfurt übernommen wurde. 1833 erhielt das Städelsche Kunstinstitut ein eigenes Gebäude in der Neuen Mainzer Straße in Frankfurt. Seit 1878 befindet es sich in einem eigens für das Museum errichteten Bauwerk. Zahlreiche Erweiterungen und Modernisierungen prägen die Geschichte des Hauses. 1990 kam der Neubau von Gustav Peichl an der Holbeinstraße hinzu. 2012 wurde die Ausstellungsfläche um 3.000 Quadratmeter erweitert. In den sogenannten Gartenhallen hat die Sammlung der Gegenwartskunst ihr neues Zuhause gefunden.

(Text: PM)

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