Den Physikalischen Verein in Frankfurt gibt es bereits seit 1824. Es ist der älteste seiner Art in Deutschland. Der Verein hat einige Heldentaten vollbracht. Hier wurde zunächst zu den einzelnen physikalischen Bereichen geforscht. Diese wurden irgendwann als ein Bereich in der Universität zusammengefasst. Somit ist der Physikalische Verein einer der Gründerväter der Goethe-Universität. Früher war der Verein so etwas wie der Tüv heute. Wenn neue technische Geräte auf den Markt gebracht wurden, musste der Physikalische Verein diese zunächst überprüfen.
Seit 1824 hat der Physikalische Verein vieles mit auf den Weg gebracht. Eine der wichtigsten Taten war die Erfindung des Telefons. Das erste Telefongespräch der Menschheit fand im Physikalischen Verein in Frankfurt statt. Viele meinen zwar, gerade im anglo-amerikanischen Raum, es sei Alexander Bell gewesen, der das erste Telefon erfunden hat, doch war es Philipp Reis. Der berühmte erste Satz „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“ wurde während der der Vorstellung des Fernsprechapparats gesprochen. Dem damaligen Vereinsvater hat damals noch nicht erkannt, um welch eine wichtige Erfindung es sich handelt. Das Reis‘sche Telefon wurde bereits zehn Jahre vor dem von Bell entwickelt. Das Telefon, das Alexander Bell erfunden hat, hat die Sprachqualität jedoch auf ein anderes Level gehoben. Heute gilt Reis lediglich als Wegbereiter des Telefons. Die Sprachübertragung war sicherlich nicht stereo, aber man konnte den anderen verstehen.
Besonders lange im Verein ist das wahrhaftige Frankfurter Urgestein Volker Heinrich.
Zur Mondlandung aus dem Bett geholt
Er hat bereits in jungen Jahren seine Liebe zur Astronomie entdeckt; groß geworden ist er in der Apollo-Ära. Bei der ersten Mondlandung haben ihn seine Eltern aus dem Bett geholt, denn sie wussten, dass ihr Sohn das nicht verpassen wollte. Keiner aus der Familie konnte sich Volker Heinrichs Vorliebe erklären, denn er war der einzige im Kreis der Familie mit solch einer Affinität zur Astronomie. Irgendwann schenkte ihm sein Opa ein Fernglas. Als er dann älter wurde, stellte ihm sein Physiklehrer ein Fernrohr aus der Schulsammlung zur Verfügung. Damit konnte der junge Mann seine ersten Beobachtungen machen. Als der Lehrer das Fernrohr dann eines Tages wieder brauchte, fuhr der damals 16-Jährige das Fernrohr auf dem Gepäckträger seines Fahrrads mit hängendem Kopf zurück. Doch sein Lehrer meinte es gut mit ihm und hatte bereits eine Möglichkeit gefunden, ein neues Fernrohr in einem nahe gelegenen Laden für wenig Geld zu erwerben. Das war auch der Lehrer, der ihm eines Tages sagte, dass er nicht nur für sich selbst lernen sollte, sondern auch mal mit anderen. Er schickte ihn zur Sternenwarte in Frankfurt. Volker wurde schnell Mitglied des Vereins und besuchte verschiedene Vorträge über Astronomie. Heute hält er diese Vorträge selbst. Durch die vielen engagierten Mitglieder, die er hier kennenlernen durfte, entstand ein so starkes Band, dass ihn die Astronomie nie wieder losließ.
Die Sternenwarte des Vereins befindet sich seit 1960 auf dem Gelände des Physikalischen Vereins in der Robert-Mayer-Str. 2 und steht dort seinen Mitgliedern und allen Interessierten zur Verfügung. Aufgrund von Umbauarbeiten ist sie leider zurzeit geschlossen, doch eine weitere findet sich auf dem Kleinen Feldberg. Die Hans-Ludwig-Neumann-Sternwarte steht allerdings nur den Mitgliedern des Vereins zur Verfügung.
Der Physikalische Verein ist für alle offen. Man braucht kein besonderes Vorwissen, sondern lediglich Interesse an physikalischen Prozessen und Astronomie. Heute kümmert sich der Verein hauptsächlich um die Wissensvermittlung. Die Mitglieder halten an jedem Freitag einen Vortrag, manchmal übernehmen das Gastdozenten. Die Vorträge sind auch für Nicht Mitglieder erschwinglich. Für einen Live-Vortrag hat der Verein vor der Coronakrise fünf Euro pro Vortrag genommen. Jetzt während der Pandemie können die Vorträge natürlich nicht vor Ort stattfinden, sondern nur als Livestreams. Doch nicht nur Vorträge bietet der Verein seinen Mitgliedern, ab und an gibt es auch mal eine Expedition – zum Beispiel zur Mondfinsternis nach Mexiko. Mit einem jährlichen Mitgliedsbeitrag von 60 Euro für Erwachsene und 25 Euro für Schüler und Studenten ist es ein Verein für die Bürger Frankfurts.
(Text & Foto: TL)